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Der Einstieg in die Arbeit am Langzügel

Wer schon einmal die Arbeit am Langzügel mit seinem Pferd ausprobiert hat, musste vielleicht mit Ernüchterung feststellen, dass es zum einen gar nicht so einfach ist, wie es aussieht und zum anderen sehr anstrengend. Nicht umsonst gilt die Zügelarbeit als Krönung der Reitkunst und man nutzt in den Hofreitschulen nur einige ausgewählte Hengste dafür. Der Weg zu einer vollkommenen Harmonie ist also ein hartes Stück Arbeit.


Warum Langzügel-Arbeit?

Die Arbeit am Langen Zügel bietet eine bewusste Minimierung von Hilfen und ist somit eine optimale Möglichkeit zu überprüfen, wie gut Lektionen bereits abgesichert sind und wie fein die Verständigung mit deinem Pferd ist. Außerdem kannst du auf diese Weise eine schöne Abwechslung in den Trainingsalltag bringen und das Vertrauen zwischen dir und deinem Vierbeiner stärken. Aber auch für junge und noch nicht so weit ausgebildete Pferde ist es ein perfektes Hilfsmittel, um sie mutiger und selbstbewusster zu machen.


Grundvoraussetzung für die Arbeit am Langen Zügel

Wenn du mit der Langzügelarbeit beginnen möchtest, sollte dein Pferd unbedingt auf dich achten und grundlegende Dinge, wie Halten, Rückwärtsrichten und Tempounterschiede kennen. Außerdem muss es sich überall problemlos berühren lassen und darf keine Angst vor der Gerte haben. Hilfreich ist es auch, wenn es schon die Arbeit an der Hand, inklusive aller wichtigen Seitengänge, beherrscht. Eine bereits gefestigte Versammlungsbereitschaft ist von Vorteil, um dein Pferd am Langzügel gut begleiten zu können.

Bei der Langzügelarbeit befindest du dich in einer Position, an der du ganz schnell einen Tritt abbekommen kannst. Wenn du weißt, dass dein Pferd ein „flinkes“ Hinterbein hat, solltest du also lieber darauf verzichten, denn deine Sicherheit geht immer vor! Die wenigsten wohl erzogenen Pferde werden absichtlich nach ihrem Menschen treten. Zu solchen Situationen kommt es eher durch Missverständnisse. Um brenzlige Situationen zu vermeiden ist es zu empfehlen sich gute Vorkenntnisse anzueignen. Mache keine Experimente, sondern nutze die Chance mit geübten Langzügelpferden Erfahrungen zu sammeln und suche dir fachliche Unterstützung für den Einstieg.


Die Ausrüstung für die Langzügelarbeit


Reiterin übt mit ihrem Schimmel die Langzügelarbeit bei Picadera
Barock-Trainerin Andrea Blochwitz und ihr Pferd bei der Arbeit am Langzügel.
(Foto: Nele Paasch)

Erfolg und Spaß bei der Arbeit am Langen Zügel steht und fällt mit der richtigen Ausrüstung. Für welches Material du dich bei den Langzügeln entscheidest, ist Geschmackssache. Sie sollten geschmeidig in der Hand liegen, weder zu dick noch zu dünn und nicht rutschig sein. Die Länge richtet sich immer nach der Größe des Pferdes. Bei einem in Haltung gehenden Pferd sollte das Ende, das aus deinen Händen heraushängt, nicht länger als bis zur Sprunggelenkhöhe reichen. Bei zu langen Zügeln besteht die Gefahr, dass dein Pferd oder du hineintreten könntet. Bei der Wahl des Zaumzeugs solltest du auf eine gute Passform achten. Als Gebiss würde ich immer eines verwenden, das dein Pferd kennt und womit es sich wohl fühlt. Besonders bewährt haben sich hier: Bauchergebisse, D- Ring- oder Schenkeltrensen, aber auch das Kimblewick, denn sie liegen alle besonders ruhig im Pferdemaul. Natürlich ist Langzügelarbeit auch gebisslos, z.B. mit Kappzaum, möglich. Es kann zu Beginn das empfindliche Pferdemaul schützen. Bei sehr kleinen und besonders großen Pferden hat sich der Einsatz eines Longiergurts bewährt, so bekommt der Zügel etwas mehr Führung und Stabilität. Aus Sicherheitsgründen solltest du immer Handschuhe, sowie feste und bequeme Schuhe tragen.


Praxistipp: So ermittelst du die richtige Länge für die Langen Zügel

Für die meisten Pferde eignet sich eine Langzügel-Länge von 5 bis 6 Meter. Um die passende Länge für dein Pferd und dich zu ermitteln, kannst du zum Nachmessen z. B. einfach deine vorhandene Longe verwenden. Je nach Pferd kann es hilfreich sein, wenn du dich von eine:r Helfer:in, die dein Pferd hält, unterstützen lässt.

  1. Zäume dein Pferd auf und führe das Schlaufen-Ende der Longe durch den Gebissring. Ziehe das Karabiner-Ende durch die Schlaufe, sodass die Longe fest mit dem Gebissring verbunden ist. Hake den Karabiner in den noch freien Gebissring auf der gegenüberliegenden Maul-Seite ein.
  2. Führe nun die Longe über den Hals deines Pferdes und begieb‘ dich in die Führposition seitlich neben der Hinterhand. Lege dein Hände rechts und links neben der Schweifrübe auf der Kruppe ab.
  3. Dein Pferd sollte sich „in Haltung“ befinden, also beigezäumt sein. Die Longe bzw. dein Langer Zügel sollte maximal bis zum Sprunggelenk deines Pferdes reichen.
  4. Reicht deine Longe über die Sprunggelenke deines Pferdes hinaus, kannst du diesen Überstand nun vermessen und von der Länge deiner Longe abziehen. Und schon weißt du, in welcher Länge ihr die Langen Zügel benötigt.

Die Zügelführung und Gertenhilfe bei der Langzügelarbeit

Es gibt am Langen Zügel zwei Arten der Zügelführung: Die breite und die enge Zügelhaltung. Bei der breiten Zügelführung legst du deine Hände an der Pferdekruppe links und rechts auf Höhe der Schweifrübe ab. Zu Beginn ist dies die einfachere Variante, um eine weiche Anlehnung und ruhige Zügelverbindung herzustellen. Ein ruckender und springender Zügel kann den nötigen Fluss und Vorwärtsdrang ausbremsen und stören. Außerdem geben die abgelegten Hände deinem Pferd Nähe und Sicherheit. Ein großer Vorteil ist weiterhin, dass du dein Pferd außen gut einrahmen und ein Ausfallen über die Schulter besser verhindern kannst. Ein Nachteil bei der breiten Zügelführung ist, dass der äußere Arm schnell etwas überanstrengt wird durch diese ungewohnte Haltung.


Reiterin auf dem Reitplatz mit ihrem Pferd bei der Langzügelarbeit bei Picadera
Die breite Zügelführung: Andrea hat ihre Hände links und rechts auf der Pferdekruppe abgelegt.
(Foto: Nele Paasch)


Bei der engen Zügelführung, auch „Wiener Führung“ genannt, wird der äußere Zügel hinter dem Wiederrist über den Rücken geführt. Die Hände werden eng nebeneinander getragen. Diese Führung sieht sehr elegant aus und macht das Mitgehen neben dem Pferd deutlich leichter. Allerdings ist es hierbei schwieriger, dem Pferd einen äußeren Rahmen zu geben. Außerdem wirkt der äußere Zügel direkter ein und sollte deshalb wohl dosiert werden. Es ist zu empfehlen, beide Zügelführungen auszuprobieren, da Pferde sehr unterschiedlich darauf reagieren.


Nahaufnahme der korrekten Langzügel- und Gertenhaltung bei Picadera
Die enge Zügelführung: der äußer Zügel wird hinter dem Wiederrist über den Rücken geführt, die Hände führen die Zügel eng nebeneinander.
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Für die Arbeit am Langen Zügel benötigst du außerdem eine Gerte. Die Länge richtet sich wieder nach der Größe des Pferdes, sollte aber nicht länger als 1m sein. Trage sie in der Hand, mit der du geschickter bist. Ein unnötiges Hin- und Herwechseln der Gerte solltest du vermeiden, da es schnell für Unruhe sorgt und das Pferd verunsichern kann. Setze sie immer so dezent wie möglich an der Hinterhand oder am Bauch ein, damit dein Pferd sich nicht geärgert fühlt und du keinen Tritt riskierst.


Die Führposition bei der Langzügelarbeit

Idealerweise sollte dein Pferd am Langen Zügel von der Größe her so gut wie möglich zu dir passen, sodass du gut mitgehen und deine Arme bzw. Hände in einer Position tragen kannst, in der es nicht unangenehm für dich wird. Eine selbstbewusste und aufrechte Körperhaltung, sowie ein klares inneres Bild, mentale Stärke und Ruhe sind wichtig, um dein Pferd an diese Arbeit heranzuführen. Am Langen Zügel gehst du aus Sicherheitsgründen immer seitlich versetzt neben deinem Pferd her und nie direkt dahinter. Eine Ausnahme ist hier nur der Handwechsel oder die Piaffe. Bringe deine Hüften etwas vor und versuche stets lange, weite Schritte zu machen. Tritt mit dem Absatz zuerst auf, um einen möglichst stabilen Gang zu haben und haushalte gut mit deinen Kräften. Es ist keine Schande, regelmäßig Pausen zu machen, denn solltest du zu sehr außer Atem kommen, kannst du dein Pferd nicht mehr sicher begleiten.


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So startest du mit deinem Pferd am langen Zügel

Nutze zu Beginn immer einen eingezäunten Reitplatz oder eine Halle mit Bande. Diese Einrahmung wird dir und deinem Pferd mehr Sicherheit geben und die Linienführung erleichtern. Der Boden sollte trittfest, eben und nicht zu tief sein. Die ungewohnte Führposition im hinteren Bereich verunsichert viele Vierbeiner zunächst. Hole dir in solchen Fällen Unterstützung von einer/einem Helfer:in. Als Erstes solltest du das An-, Geradeausgehen und das Anhalten üben. Zum Angehen gibst du ein Stimmkommando und atmest tief ein. Auch ein leichtes Drücken mit den Händen an der Kruppe kann als Signal genutzt werden. Versuche dein Pferd möglichst gleichmäßig zu begleiten, nutze den äußeren Hufschlag und versuche in ein flüssiges Geradeaus zu kommen. Zum Anhalten setzt du ein vertrautes Stimmkommando, atmest tief aus und kannst am Zügel eine Parade geben. Achte darauf, dass dein Pferd ruhig und gerade stehen bleibt. Als nächstes kannst du erste Hufschlagfiguren, wie Zirkel, Volten und Schlangenlinien mit ins Programm nehmen. Zum Abwenden kannst du mit der inneren Hand seitwärts weisen oder sie etwas nach oben anheben, getreu dem Prinzip: „Das Pferd folgt der höheren Hand!“, wird dein Pferd dich so leichter verstehen. Nimm außerdem deinen Blick auf die gewünschte Linie und sei nachgiebig am äußeren Zügel, damit dieser nicht rückwärts einwirkt. Lobe jeden kleinen Erfolg überschwänglich mit Hilfe der Stimme, durch Kraulen oder mit Leckerlies.


Der Handwechsel am Langzügel

Die ersten Handwechsel solltest du am Besten im Halten als „Trockenübung“ machen. So verhinderst du, dass dein Pferd sich erschrickt, wenn du hinter ihm die Seite wechselst. Funktioniert das ohne Probleme, kannst du es auch im Schritt versuchen. Nimm zuvor etwas Tempo auf, damit du etwas „Puffer“ für den Wechsel hast. Versuche in dem Moment, in dem das innere Hinterbein nach vorne geht, mit einem großen Schritt hinter deinem Pferd auf die andere Seite zu wechseln. So ist die Gefahr nicht so groß, dass du ihm in die Fesseln trittst. Bemühe dich, im Oberkörper aufrecht zu bleiben und in der Zügelführung möglichst gleichmäßig und ruhig.


Reiterin steht neben ihrem Pferd auf einer Wise im Sommer bei Picadera
Mit der Langzügelarbeit bringst du Abwechslung in den Traingsalltag und förderst das Vertrauen zwischen dir und deinem Pferd.
(Foto. Stefanie Blochwitz Fotografie)

Der erste Trab am Langzügel

Hast du dir eine gute Basis geschaffen, kannst du auch mit der Trabarbeit am Langzügel beginnen. Sichere dir zunächst das Antraben ab und lege nur kurze Reprisen zurück. Dein Pferd sollte möglichst prompt reagieren, aber nicht losstürmen, sondern versammelt sein. Nutze eine bekannte Stimmhilfe und vermeide einen Gerteneinsatz. Versuche im Trab den Bewegungsfluss nicht zu stören und achte auch hier auf eine stetige Zügelführung. Auch im Trab solltest du neben deinem Pferd her schreiten und nicht laufen. Nach und nach kannst du die Trabstrecken länger werden lassen und an einem „Wohlfühltempo“ für euch arbeiten, in dem du gut mithalten kannst, dein Pferd aber trotzdem energisch abfußt und sich in schöner Selbsthaltung trägt.


Besser als jedes Fitnessstudio

Durch regelmäßige Wiederholungen werdet ihr mit der Zeit mehr Sicherheit bekommen und feststellen, wie viel Spaß die Langzügelarbeit macht. Ist eine solide Basis gefestigt, könnt ihr euch auch an höhere Lektionen herantrauen. Bis dahin müsst ihr wahrscheinlich erst einmal noch einige schweißtreibende Runden durch den Reitplatzsand drehen, aber wer braucht schon ein Fitnessstudio, wenn man auch Langzügelarbeit machen kann?!


Hier findest du tolle Produkte, die für die Arbeit am Langzügel geeignet sind:

Andrea Blochwitz
Andrea Blochwitz

Ich bin Andrea, liz. Trainerin B für klassisch-barocke Reiterei und Prüferin Breitensport. Unter dem Motto: „Spaß mit Pferden“ bin ich als mobile Trainerin in Kiel und Umgebung unterwegs. Am Herzen liegt mir eine vielseitige und faire Pferdeausbildung. Von klassisch-barocker Dressur, Arbeit an der Hand, Langzügel, Longieren am Kappzaum, Doppellonge, Zirkuslektionen, Reiten im Damensattel, mit der Garrocha oder Halsring, Working Equitation, Freiarbeit, Gelassenheitstraining und Sitzschulung ist alles möglich. Ich bin leidenschaftliche Showreiterin und durfte schon bei vielen Pferdeveranstaltungen und Messen mitwirken. Mein Herz schlägt besonders für meinen Welsh Cob Wallach „Arvalon Mardi Grass“, den ich selbst ausgebildet habe. Ich freue mich sehr, das Picadera Team als Autorin unterstützen zu dürfen und stehe euch gerne mit Rat und Tat zur Verfügung!

Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie

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