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Damensattel Reiten – seine Geschichte & wie auch du damit anfangen kannst

In Zeiten der Emanzipation wirkt es auf viele Reiterinnen eher befremdlich, freiwillig in den Damensattel zu steigen. Außerdem kursieren viele Vorurteile und falsche Vorstellungen rund um das Reiten im Seitsitz. So ist es leider nur ein kleiner Kreis, der sich für diese überaus elegante Art der Reiterei interessiert und dieses Stück Kulturgut weiter pflegen möchte. Dabei kann das Reiten im Damensattel in vielerlei Hinsicht eine große Bereicherung für Pferd und Reiterin sein.


Die Geschichte des Damensattels

Die Geschichte des Damensattels ist geprägt von einer ständigen Veränderung und Weiterentwicklung, um der Reiterin mehr Bequemlichkeit und Sicherheit zu bieten. Bereits in der Antike findet man erste Abbildungen von Frauen, die seitlich auf dem Pferd saßen. Die Dame nahm auf dem nackten Pferderücken, einer Decke oder einem Sitzkissen Platz. Es diente jedoch ausschließlich der Fortbewegung, denn der Blick nach vorne war eingeschränkt, man hatte keine eigenständige Kontrolle über das Pferd und wurde deshalb von einem Helfer geführt.

Im Mittelalter entstand die Ursprungsform des eigentlichen Damensattels: Der Quersattel. Er bestand meistens aus einem Sattelbaum mit Strohpolsterung, einer Rückenlehne, einem Sattelknauf zum Festhalten und einem kleinen Fußbrett, auf das die Dame beide Füße stellen konnte. Der Quersattel bot zwar schon etwas mehr Komfort auf längeren Reisen, diente aber immer noch ausschließlich als Transportmittel und die Dame musste weiterhin geführt werden. Anna von England soll die Erste gewesen sein, die nur noch ihren linken Fuß auf das Fußbrett stellte, um ihren Oberkörper etwas mehr in Reitrichtung drehen zu können.

Dieser neue Sitz verbreitete sich schnell, gab der Dame aber weiterhin kaum Halt. In der Renaissance soll vor allem Katharina von Medici maßgeblich an Veränderungen des Damensattels beteiligt gewesen sein. Sie ritt gerne zur Jagd, was im Quersattel fast unmöglich war. Sie legte zunächst ihr rechtes Bein zwischen Sattelknauf und Rückenlehne, um mehr Halt zu bekommen. Daraus entstand der Gabelsattel. Der Sattelknauf und die Rückenlehne wurden durch zwei Gabeln ersetzt und nun konnte man das rechte Bein in diese Mulde legen. Der linke Fuß fand weiterhin auf dem Fußbrett oder in einem Pantoffelsteigbügel, der wie der Name schon sagt, wie ein Pantoffel aussah, Platz.


Damensattel Reiterin am Meer bei Picadera
Andrea Blochwitz im Damensattel und passendem Outfit
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Im 17. Jahrhundert ritten die Damen ausschließlich zum Zeitvertreib, gingen auf Reisen und nahmen an der Jagd Teil. An den königlichen Höfen war die Hohe Schule der Reitkunst beliebt und wurde auch im Damensattel gefördert. Im 18. Jahrhundert stiegen viele Reisende auf die Kutsche um und das Reiten im Damensattel wurde zum Freizeitvergnügen der Oberklasse.

Auch im 19.Jahrhundert war diese Art der Reiterei noch groß in Mode und hoch angesehen. Es gab entscheidende Neuerungen und Änderungen am Damensattel, um der Reiterin mehr Sicherheit zu geben. So entstand das Jagdhorn, das unter der linken Gabel (oberes Horn) angebracht wurde. Nun konnte die Reiterin den linken Oberschenkel gegen das untere Horn legen und mehr Stabilität finden. Das Jagdhorn (oder Einschraubhorn) hat sich bis in die heutige Zeit bewährt und ist so erhalten geblieben. Auch die ersten Sicherheitssteigbügel entstanden, sie öffneten sich bei einem Sturz, um ein Hängenbleiben im Bügel zu verhindern. Auch die Steigbügelaufhängungen veränderten sich aus demselben Grund. Die bewährten Patente sind bis heute funktionell und werden gerne nachgebaut.

Bei historischer Recherche zum Thema Damensattel kommt man an Kaiserin Elisabeth (Sisi) nicht vorbei. Sie gilt bis heute als eine der mutigsten und besten Damensattelreiterinnen, die es je gab. Ihr Vater soll einer der Ersten gewesen sein, der auch nach rechts zu sitzende Damensättel bauen ließ, um die Kinder gesundheitlich zu schützen und eine einseitige Belastung der Pferde zu verhindern. Auch auf die Passform der Sättel wurde zu dieser Zeit immer mehr geachtet und jeder Sattel war eine Maßanfertigung speziell für eine Reiterin und ein Pferd.


Die Suche nach dem passenden Damensattel

Damit der Einstieg in das Reiten im Seitsitz auch in der Praxis gelingt und nicht in einer Katastrophe endet, sollte ein Damensattel einige wichtige Merkmale erfüllen. Damensättel sind im Vergleich zu „normalen“ Sätteln ziemlich schwer, die Auflagefläche ist recht groß und die Polsterung auffällig dick. Auch der asymmetrische Aufbau und die gerade Sitzfläche sind ungewöhnlich. Der sogenannte Balanceriemen verleiht dem Damensattel mehr Halt. Er ist an der linken Orte befestigt, führt unter dem Pferdebauch in der Gurtlage entlang und wird rechts am Hinterzwiesel befestigt. Ein Übergurt verhindert, dass das rechte Sattelblatt in der Bewegung flattert.


Damensattel auf Pferd bei Picadera
Traditioneller Damensattel im englischen Stil mit Wollkissen
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Außerdem sollte jeder Damensattel über ein Sicherheitsschloss für die Steigbügelaufhängung und einen passenden Steigbügel verfügen. Wie bei jedem anderen Sattel auch, ist die Grundvoraussetzung für harmonisches Reiten, dass der Damensattel Pferd und Reiterin passen muss. Beim Pferd ist die Rückenlänge und bei der Reiterin die Länge ihres Oberschenkels entscheidend. Ist z.B. der Rücken des Pferdes sehr kurz und die Oberschenkel der Reiterin sehr lang, kann es hier schwierig werden, eine optimale Lösung für beide Parteien zu finden.

Lass dich bei der Suche nach einem passenden Damensattel unbedingt von Fachleuten beraten, die sich darauf spezialisiert haben. Von billigen Nachbauten ist abzuraten, denn sie haben sich in der Praxis nicht bewährt. Die Restaurierung von alten, historischen Damensätteln ist meistens sehr aufwändig, hochpreisig und Veränderungen sind nur bedingt möglich. Aus Sicherheitsgründen sollte bei jedem gebrauchten Damensattel der Sattelbaum, die Hörner, die Polsterung, alle Riemen und Gurte und die Steigbügelaufhängung überprüft werden. Natürlich kann man sich auch einen neuen, maßangefertigten Damensattel bauen lassen, was jedoch recht kostenintensiv ist.


Die Voraussetzungen für Pferd und Reiterin für das Reiten mit Damensattel

Voraussetzung für das Reiten mit Damensattel ist, dass dein Vierbeiner eine gute Grundausbildung genossen hat. Was im Herrensattel nicht funktioniert, wird mit Damensattel erst recht nicht gelingen. Dein Pferd sollte also möglichst fein und sicher an den Hilfen stehen. Außerdem ist es von Vorteil, wenn es von Natur aus lauffreudig und bequem zu sitzen ist. Des Weiteren sollte es nervenstark und gehorsam sein. Auch ein ruhiges Stehen und Warten beim Auf- und Absteigen ist eine wichtige Voraussetzung.

Bevor du das Reiten im Damensattel ausprobieren möchtest, ist es hilfreich, wenn du dir bereits einen gut ausbalancierten und zügelunabhängigen Sitz angeeignet hast. Es ist empfehlenswert die erste Schnupperstunde im Damensattel auf einem erfahrenen Lehrpferd zu nehmen. So kannst du dich ganz in Ruhe in dieses neue Reitgefühl einfühlen.


Damensattel mit Gurt am Pferd bei Picadera
Eine geschulte Ausbilder:in kann dich auch bei der Wahl des passenden Damensattels für dich und dein Pferd unterstützen
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Bestens Falls nimmt du dir die Zeit für einige weitere Unterrichtsstunden, um etwas Damensattelerfahrung zu sammeln.  Sind Pferd und Reiterin Damensattelneulinge, fehlt meistens die nötige Ruhe und Sicherheit. Dein Pferd wird schnell merken, wenn du dir deiner Sache nicht sicher bist, und das kann zu Unstimmigkeiten führen. Suche dir auf jeden Fall Hilfe und Unterstützung bei entsprechenden Trainer:innen für den Einstieg in das Reiten im Damensattel.


Der korrekte Sitz im Damensattel

Das Aufsteigen in den Damensattel erfolgt mit Hilfe einer Aufstiegshilfe oder eine:r Helfer:in am Boden. Suche dabei immer nur Halt am oberen (festen) Horn, nie am unteren (eingeschraubten) Horn. Versuche nur so viel Last wie nötig in den Bügel zu bringen.

Du kannst zunächst im Herrensitz Platz nehmen und anschließend in den Damensitz wechseln. Wer noch nie in einem Damensattel saß, setzt sich meistens erst einmal schräg in den Sattel. Der moderne Damensattel ist aber so gebaut, dass du mit deinen Schultern und Hüften so parallel wie möglich zum Pferd bleiben kannst.

Der rechte Oberschenkel wird über das obere Horn gelegt. Rutsche so weit im Sattel zurück, dass sich das Horn etwa in der Kniekehle befindet. Wenn du die rechte Fußspitze nach unten drückst, bekommst du mehr Halt und Stabilität. Das linke Bein legst du locker an das untere Horn an. Der Steigbügel muss so eingestellt werden, dass eine Hand zwischen Bein und Horn passt.

Deine Hände trägst du links und rechts neben deinem rechten Knie. Achte auf eine aufrechte Haltung und versuche möglichst zentriert mit deinem Oberkörper über dem Pferd zu bleiben.

Zu Beginn wird es sich für dich im Damensattel wahrscheinlich etwas wackelig anfühlen und du wirst unbewusst den Oberkörper etwas nach rechts lehnen. Das ist völlig normal, denn dein Körper muss sich erst neu ausbalancieren und ins Gleichgewicht finden. Ungewöhnlich ist außerdem, wie hoch man über dem Pferd sitzt und wie weit hinten im Sattel.


Und so sieht er aus – der ausbalancierter Sitz im Damensattel
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Die Hilfengebung im Damensattel

Schnell wirst du merken, dass du bei der Hilfengebung im Damensattel deutlich eingeschränkter bist, als im Herrensattel. Hauptsächlich kannst du aus deinem Sitz heraus einwirken, also mit Hilfe der Schulterdrehung und den Gewichtshilfen.

Auch die Stimmhilfe kann im Seitsitz eine gute Unterstützung sein, um sich deinem Pferd besser verständlich zu machen. Bei den Zügelhilfen solltest du darauf achten, dass der Zügel nicht springt und die Verbindung weiterhin so fein wie möglich bleibt.


Korrekter Sitz im Damensattel bei Picadera
Die Gerte dient als Ersatz für den fehlenden Schenkel
(Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie)

Der fehlende Schenkel wird durch die Gerte bzw. einen Reitstock ersetzt. Ein Reitstock ist in der Regel fester als eine Gerte und kann somit auch in der Schenkellage gezielt als Schenkelhilfe eingesetzt werden. Ob man sich für einen stabilen Reitstock oder eine flexible Gerte entscheidet, ist abhängig von der persönlichen Vorliebe, sowie dem Phlegma und der Größe des Pferdes.

In der Regel ist die Umstellung des Pferdes auf den Damensattel völlig unproblematisch. Der bewusste Verzicht von Hilfen sorgt dafür, dass die meisten Pferde sich unterm Damensattel deutlich wohler fühlen. Durch die passive Haltung im Seitsitz störst du dein Pferd weniger und das gefällt den meisten Vierbeinern.


Reiterin im Damensattel mit Barock Outfit bei Picadera
Auch das Reiten im Damensattel soll in erster Linie Freude machen
(Foto: Tierfotografie Elena Hofstede – von ihr ist auch das tolle Titelbild von Andrea Blochwitz & Tristan am Strand)

Ab in den Damensattel!

Ich kann jeder Reiterin nur ans Herz legen diese einzigartige Art des Reitens einmal auszuprobieren. Es ist nicht nur eine hervorragende Möglichkeit zu überprüfen, ob man auch mit reduzierter Hilfengebung mit seinem Pferd harmoniert, sondern es fördert auch auf besondere Art und Weise Sitz, Balance und Gleichgewicht der Reiterin. Außerdem ist es ein großartiges Gefühl, wenn unter dem Damensattel alle Lektionen geradezu spielerisch gelingen und macht Pferd und Reiterin jede Menge Spaß!

Hier findest du tolle Produkte, die sich auch für Damensattel-Reiterinnen eignen:

Andrea Blochwitz
Andrea Blochwitz

Ich bin Andrea, liz. Trainerin B für klassisch-barocke Reiterei und Prüferin Breitensport. Unter dem Motto: „Spaß mit Pferden“ bin ich als mobile Trainerin in Kiel und Umgebung unterwegs. Am Herzen liegt mir eine vielseitige und faire Pferdeausbildung. Von klassisch-barocker Dressur, Arbeit an der Hand, Langzügel, Longieren am Kappzaum, Doppellonge, Zirkuslektionen, Reiten im Damensattel, mit der Garrocha oder Halsring, Working Equitation, Freiarbeit, Gelassenheitstraining und Sitzschulung ist alles möglich. Ich bin leidenschaftliche Showreiterin und durfte schon bei vielen Pferdeveranstaltungen und Messen mitwirken. Mein Herz schlägt besonders für meinen Welsh Cob Wallach „Arvalon Mardi Grass“, den ich selbst ausgebildet habe. Ich freue mich sehr, das Picadera Team als Autorin unterstützen zu dürfen und stehe euch gerne mit Rat und Tat zur Verfügung!

Foto: Stefanie Blochwitz Fotografie

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