Travers und Renvers richtig reiten – Wichtige Bausteine in der Pferdeausbildung
Nachdem wir in den vorherigen Blogbeiträgen das Schenkelweichen und Schulterherein schon genauer unter die Lupe genommen haben, möchten wir diesmal einen Blick auf das Travers (Kruppeherein) und Renvers (Kruppeheraus) werfen. Ihr erfahrt, wieso diese zwei Seitengänge in der Pferdeausbildung weitere wichtige Bausteine sind und welche Fehler entstehen können. Außerdem gehen wir auf die korrekte Ausführung und die genaue Hilfengebung ein.
- Was ist Travers (Kruppeherein)?
- Was ist Renvers (Kruppeheraus)?
- Sinn und Zweck von Travers und Renvers in der Pferdeausbildung
- Die Hilfengebung für Travers in der Handarbeit
- Die Hilfengebung für Renvers in der Handarbeit
- Die Hilfengebung für Travers beim Reiten
- Die Hilfengebung für Renvers beim Reiten
- Welche Fehler können entstehen?
- Travers und Renvers als Hilfsmittel für weitere Lektionen
Was ist Travers?
Travers (Kruppeherein) ist ein Seitengang, bei dem dein Pferd in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen ist. Wie der Name schon sagt, wird hierbei die Hinterhand (Kruppe) des Pferdes in die Bahn geführt. Der Grad der Abstellung ist abhängig davon, ob es auf drei oder vier Hufspuren ausgeführt werden soll. Die Vorhand wiederum geht weiter auf dem äußeren Hufschlag geradeaus. Bei korrekter Ausführung nimmt das äußere Hinterbein mehr Last auf. Travers kann im Schritt, Trab und Galopp, sowohl auf gerader, aber auch auf gebogener Linie geritten werden.
Was ist Renvers?
Während Travers den meisten Reiter:innen ein Begriff ist, begegnen einem beim Renvers oftmals fragende Gesichter und es herrscht große Unklarheit, wenn es um die Ausführung und Hilfengebung geht. Dabei ist Renvers genau genommen die Konterlektion zum Travers, nur die Abstellung zur Bande ist spiegelverkehrt. Auch bei diesem Seitengang ist der Vierbeiner in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen. Jedoch bleibt die Hinterhand (Kruppe) auf dem äußeren Hufschlag und die Vorhand wird ins Bahninnere hereingeführt. Das Hereinführen der Vorhand im Renvers ist es auch, was den meisten Reiter:innen als schwerer und wie ein wahrer Balanceakt erscheint.
Tipp: Der Bewegungsablauf ist beim Travers, Renvers, den Traversalen, in den Piouretten und der Piourette Renversé immer der gleiche, nur die Abstellung zur Bande/Zaun bzw. wo in der Bahn es ausgeführt wird, verändert sich dabei!
Sinn und Zweck von Travers und Renvers in der Pferdeausbildung
Diese Seitengänge sind hervorragend geeignet, um die Längsbiegung zu verbessern und haben eine gymnastizierende Wirkung auf den gesamten Pferdekörper. Bei korrekter Ausführung nimmt das äußere Hinterbein mehr Last auf, somit wird auch die Versammlungsfähigkeit gefördert. Außerdem sind diese Seitengänge ein perfektes Hilfsmittel, um deinen Vierbeiner mit der Zeit immer mehr gerade zu richten. Des Weiteren können Travers und Renvers auch beim Erarbeiten oder zur Verbesserung von bestimmten Lektionen eingesetzt werden. Dazu aber später mehr…
Achtung: Travers und Renvers werden deinem Pferd durch seine natürliche Schiefe auf der jeweils hohlen Seite immer leichter und auf der steiferen Seite immer sehr viel schwerer fallen! Also sind auf der schwereren Seite viel Feingefühl und Geduld der Reiter:in gefragt. Denn dein Pferd muss dafür einen Großteil von Muskeln nutzen, die es sonst nicht einsetzt und sein Gleichgewicht dementsprechend verändern!
Die Hilfengebung für Travers in der Handarbeit
Wenn du mit deinem Pferd das Travers in der Handarbeit erarbeiten möchtest, sollte es die Basisübungen (Angehen, Anhalten, Rückwärtsrichten und Tempovariationen) kennen, genug Abstand halten, auf dich achten, sowie Schenkelweichen und Schulterherein bereits sicher ausführen können. Du kannst Travers in der Handarbeit in zwei verschiedenen Varianten entwickeln:
1. Travers von dir weg/ von außen geführt:
Bei dieser Variante gehst du auf dem äußeren Hufschlag und dein Pferd auf dem zweiten Hufschlag. Nun kannst du mit einem Schenkelweichen starten. Dabei übernimmt die Gerte, die auf Kniehöhe des Pferdes zeigt, die seitwärtstreibende Hilfe. Hierbei sollte die Hinterhand nicht mehr wie 45 Grad in die Bahn geführt werden. Im Schenkelweichen ist dein Pferd entgegen der Bewegungsrichtung (zu dir hin) gestellt und bleibt im Körper gerade. Für das Travers stellst du es mit Hilfe des inneren Zügels in Bewegungsrichtung (von dir weg) und gibst am äußeren Zügel etwas nach. Anstatt aus dem Schenkelweichen zu starten, kannst du auch aus einer Volte beginnen. Hier hast du bereits die nötige Stellung und Biegung für das Travers und musst nur noch die Kruppe deines Vierbeiners in die Bahn bringen. Achte darauf, dass die Vorhand bei dir bleibt und dein Pferd dich nicht mit ins Bahninnere nimmt. Gib dich mit wenigen Schritten zufrieden und löse es danach wieder ins Geradeaus und Vorwärts auf.
Tipp: Die Schwierigkeit bei dieser Variante ist, dass du wenig Einfluss darauf hast, wie viel dein Pferd die Kruppe herein nimmt, denn eine Begrenzung, wie beim Reiten durch den inneren Schenkel, ist nicht möglich. Nimmt es die Kruppe zu viel herein, bleibt dir nur die Möglichkeit die Übung abzubrechen, wieder ins Geradeaus zu kommen und neu zu beginnen!
2. Travers zu dir hin/ von innen geführt:
Bei der zweiten Variante gehst du innen und dein Pferd auf dem äußeren Hufschlag. Nun versuchst du den Vorwärtsdrang geschickt zu begrenzen und so die innere Pferdehüfte vorzubringen. Hilfreich ist es, wenn dein Pferd zuvor gelernt hat, auf Berührung mit der Gerte außen an der Kruppe, zu dieser hin zu gehen. Bei dieser Variante ist sehr viel Fingerspitzengefühl gefragt! Ein Nachteil ist, dass viele Pferde auch ungewollt mit der Hinterhand in die Bahn kommen, was sich bei der Arbeit an der Piaffe zu einem echten Problem entwickeln kann. Versuche also möglichst klar für dein Pferd die Gertensignale zu unterscheiden!
Tipp: Gucke dich nicht an der Hinterhand des Pferdes fest, sondern beobachte es im Ganzen! Achte darauf, dass es sich nicht im Hals verbiegt und im Genick verwirft!
Die Hilfengebung für Renvers in der Handarbeit
Am einfachsten lässt sich das Renvers in der Handarbeit aus dem Schulterherein entwickeln. Dein Pferd geht also auf dem äußeren Hufschlag und du innen. Es ist im Schulterherein entgegen der Bewegungsrichtung gestellt und gebogen, das innere Hinterbein tritt unter den Schwerpunkt. Nun kommst du aus dem Schulterherein zum Halten und stellst dein Pferd in Bewegungsrichtung um (also weg von dir). Die Abstellung zur Bande bleibt wie im Schulterherein, also die Vorhand innen, die Hinterhand auf dem äußeren Hufschlag, nur die Stellung und Biegung verändert sich. Nun führst du dein Pferd wieder im Schritt an. Die Schwierigkeit im Renvers ist es zunächst, dass die Vorhand innen bleibt, also die Abstellung zu erhalten. Wahrscheinlich wird dein Vierbeiner versuchen, sich wieder an der Bande oder dem Zaun andocken zu wollen. Auch Takt und Tempo zu halten ist anfangs gar nicht so einfach.
Tipp: Lobe zu Beginn schon wenige korrekte Schritte, halte wieder an oder entlasse dein Pferd wieder ins Schulterherein!
Die Hilfengebung für Travers beim Reiten
Übe zunächst das Travers an der Bande oder dem Zaun, so hast du mehr optische Orientierung. Bleibe mittig über deinem Pferd und belaste deinen inneren Gesäßknochen vermehrt. Deine Schultern und Hüften bleiben parallel zu denen deines Vierbeiners. Der innere Schenkel bleibt am Gurt, um ihn herum sollte sich dein Pferd biegen. Der äußere Schenkel treibt nach Bedarf impulsartig seitwärts, idealerweise immer dann, wenn das äußere Hinterbein abfußt. Der innere Zügel sorgt für die Stellung und wird kurzfristig zum führenden, bis das Pferd die gewünschte Längsbiegung im Körper erreicht hat. Dann solltest du am inneren Zügel wieder weich werden und nach Bedarf nur noch kleine halbe Paraden geben, um die gewünschte Biegung im Travers zu erhalten.
Tipp: Bei allen traversartigen Seitengängen kann es hilfreich sein, die innere Hand höher zu tragen, denn dein Pferd wird immer der höheren Hand folgen. Außerdem kannst du so auch leichter eine korrekte Stellung erhalten!
Die Hilfengebung für Renvers beim Reiten
Die Hilfengebung im Renvers ist die gleiche, wie im Travers, nur dass dein Pferd nicht nach innen, sondern nach außen gebogen wird. Das heißt du sitzt auch mittig über deinem Pferd, belastest vermehrt den inneren Gesäßknochen, dein Pferd biegt sich um deinen inneren Schenkel und dein äußerer Schenkel ist der seitwärts treibende. Dein innere Zügel gibt Stellung und der äußere Zügel begrenzt die Biegung im Pferdekörper. Möchtest du das Renvers beim Reiten mit ins Programm nehmen, hast du verschiedene Möglichkeiten. Du kannst aus dem Schulterherein starten, wie bereits bei der Hilfengebung für das Renvers in der Handarbeit beschrieben. Außerdem kannst du in eine einfache Schlangenlinie abwenden und dann im Renvers weiterreiten. Des Weiteren kannst du aus einer Kurzkehrt- Wendung, bevor die Vorhand am Hufschlag ankommt, ins Renvers wechseln. Auch die Passade, eine barocke Übung, kann hilfreich sein. Hierbei reitest du eine kleine Kehrtvolte und danach im Renvers auf der Parallelen zur langen Seite oder an der langen Seite weiter.
Tipp: Trage die Gerte außen, um den seitwärtstreibenden Schenkel zu unterstützen! Hilfreich kann es auch sein, Travers und Renvers zuvor zu Fuß ohne Pferd zu gehen und dabei die Hilfengebung zu imitieren!
Welche Fehler können entstehen?
Ein häufiger Fehler beim Travers und Renvers ist ein Verwerfen im Genick. Schuld ist in der Regel zu viel „Zug“ am inneren Zügel. Beobachte also genau, ob die Pferdeohren auf einer Höhe bleiben. Kippt ein Ohr seitlich, gib am inneren Zügel nach und hebe evtl. kurzzeitig die äußere Hand an. Auch ein Überbiegen im Pferdehals ist meistens auf eine zu starke innere Reiterhand zurückzuführen oder es fehlt eine Begrenzung am äußeren Zügel. Achte also darauf, dass das Pferdemaul auch im Seitengang vor der Brust bleibt. Geht die Biegung verloren, fehlt in der Regel der innere Schenkel, um den sich dein Pferd biegen soll. Strecke den inneren Schenkel nicht weg vom Pferd, sondern bleibe mit ihm auf „Fellkontakt“.
Tipp: Vielen Reiter:innen fällt es schwer, im Travers und Renvers innen zu sitzen und sie rutschen immer wieder auf den äußeren Gesäßknochen. Da dein Pferd immer versuchen wird, unter deinen Schwerpunkt zu kommen, um dich besser ausbalancieren zu können, machst du es ihm so unnötig schwer! Hilfreich kann es in diesem Fall sein, vor dem Seitengang im Sattel aufzustehen und sich deutlich innen zu platzieren!
Achtung: Dein Oberkörper sollte im Travers und Renvers immer mittig über dem Pferd bleiben und sich nicht zu einer Seite neigen! Richte dich immer wieder mit deinem Bauchnabel auf Höhe des Mähnenkamms deines Pferdes aus!
Travers und Renvers als Hilfsmittel in der Pferdeausbildung
In der weiteren Pferdeausbildung kann Travers eine ideale Partnerübung für den Galopp sein. So sind Schritt-Galopp-Übergänge im Travers ein super Krafttraining für die Hinterhand, können die Übergänge und den Galopp verbessern, so dass er mehr bergauf gesprungen wird. Auch bei der Erarbeitung von Galopppirouetten ist Travers bestens geeignet. Galoppierst du auf einer kleinen Traversvolte und verkleinerst die Linie immer mehr, landest du fast von selbst in den ersten Pirouette Sprüngen. Aber auch Renvers kann im Training in vielen Bereichen gute Dienste erweisen. So kommt es nicht nur einer vermehrten Aufrichtung und Versammlung zu Gute, sondern macht dein Pferd auch unglaublich geschickt, ausbalanciert und leicht in der Hand. Des Weiteren kannst du mit Hilfe von Renvers auch den Außengalopp verbessern und Fliegenden Wechseln „herauskitzeln“. Vielen Pferden fällt es leichter aus dem Kontergalopp, mit einer Idee von Renvers, einen fliegenden Wechsel in den Handgalopp zu springen.
Tipp: Auch für die Erarbeitung der Piaffe kann Renvers gut genutzt werden. Bei der „Piourette Renversé“ bewegt sich das Pferd auf einer kleinen Volte im Renvers. Baut man hier kurze, knackige Schritt-Trab-Übergänge ein, fallen die ersten Halben Tritte fast von alleine dabei raus!
Ab und zu auch mal geradeaus
Ohne Frage, das Reiten von Seitengängen macht unglaublich viel Spaß! Wenn du Schenkelweichen, Schulterherein, Travers und Renvers im Training nutzen kannst, hast du unendlich viele Variationsmöglichkeiten, kannst vieles verbessern und dein Pferd optimal gymnastizieren. Jedoch verfallen viele Reiter:innen mit der Zeit in einen regelrechten „Seitengang- Rausch“. Vergiss also nicht, auch immer mal wieder Strecken im geradeaus mit ins Programm zu nehmen! So kannst du auch wunderbar überprüfen, ob dein Pferd mit Hilfe der Seitengänge schon besser geradegerichtet ist!
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